Neue pädagogische Leitung der Fachweiterbildung Notfallpflege
1. Welche persönlichen Erfahrungen oder Erkenntnisse haben Sie dazu gebracht, sich für die pädagogische Leitung in der Weiterbildung zu engagieren?
Ich würde den Weiterbildungsteilnehmenden gerne die positiven Erfahrungen und Erfolgserlebnisse sowie das berufliche Standing ermöglichen, die ich nach meiner Fachweiterbildung hatte und sie auf den Weg dorthin begleiten. Die nötigen Tools für die Gestaltung des Weges habe ich im Studium erlernt und im Hanse-Institut im Rahmen meiner Tätigkeit als „Wissenschaftliche Projektmanagerin im Projekt - ViTAWiN“ und als Teilnehmerin im Projekt „Interprofessionelle Notfallszenarien – IPN“ erweitert.
2. Wenn Du eine Botschaft an diejenigen hättest, die sich noch unschlüssig sind, ob sie sich weiterqualifizieren sollen oder nicht, was würdest Du ihnen sagen?
Ich habe in meiner beruflichen Laufbahn die Fachweiterbildung zur Anästhesie- und Intensivfachkraft, ein Bachelor-Studium Berufspädagogik im Gesundheitswesen – Fachrichtung Pflege sowie ein Masterstudium Bildung im Gesundheitswesen – Schwerpunkt Berufspädagogik durchlaufen. Meine Erfahrung ist, dass man keine Weiterbildung und kein Studium geschenkt bekommt. Jede Weiterqualifizierung ist mit Lernbereitschaft und persönlichem Engagement verbunden. Die Früchte werden erst danach, ein Leben lang, geerntet. Salopp gesagt, sind mir in der Fachweiterbildung zur Anästhesie- Intensivpflegekraft eine beachtliche Anzahl Laternen aufgegangen. Vor der Weiterbildung habe ich ungeprüft, weil ich auch nicht wusste wie, viele Handlungen im Berufsalltag von Kolleg:Innen übernommen, ohne die Begründung bzw. das theoretische Hintergrundwissen dafür zu haben. Nach der Weiterbildung konnte ich auf Hintergrundwissen zugreifen und/oder wusste, in welchen Quellen dieses zu finden ist. Das hat dafür gesorgt, dass ich meine Standpunkte und meine berufstypischen Handlungen, auch anderen Berufsgruppen gegenüber, evidenzbasiert und damit selbstbewusst begründen und vertreten konnte. Das tat gut und förderte mein Selbstbewusstsein und damit mein Standing.
3. Welche innovativen Lehrmethoden hast Du in der Vergangenheit erfolgreich eingesetzt, z.B. um komplexe Inhalte zu vermitteln, und wie möchtest Du sie in der Fachweiterbildung der Notfallpflege integrieren?
Ich habe aus den Projekten VITAWIN und IPN viel Nutzen ziehen können: Ziel von ViTAWiN war, die interprofessionelle Zusammenarbeit von Notfallpflegenden und Notfallsanitäter:Innen in einer virtuellen Welt darzustellen und trainierbar zu machen. Dazu wurde ein virtuelles Szenario konzipiert, in dem die präklinische Versorgung durch die Notfallsanitäter:Innen, die interprofessionelle Zusammenarbeit im Rahmen der Übergabe im Schockraum sowie die klinische Versorgung durch das Schockraumteam dargestellt wurden. Kernstück des Szenarios war die Übergabe der zu versorgenden Person zwischen den beiden Berufsgruppen. In einer virtuellen Umgebung lässt sich mit speziellen „Brillen“ eine komplette virtuelle Welt erzeugen (Virtual Reality – VR) oder die vorhandene Umgebung, beispielsweise der Seminarraum mit einer Simulationspuppe, um virtualisierte Elemente ergänzen. Mit virtuell augmentierten Szenarien steht den Bildungseinrichtungen ein weiteres Lernmedium zu Verfügung, so kann z. b. die (interprofessionelle) Notfallversorgung ohne Patientengefährdung trainiert werden. Trainingsdurchläufe sind beliebig wiederholbar. Virtuelle Umgebungen können in die Bildungseinrichtung geholt werden, sodass das Training zeitlich und örtlich unabhängig von der Praxis erfolgen kann.
Während das Projekt ViTAWiN abgeschlossen ist, wird IPN kontinuierlich weiterentwickelt und ist fester Bestandteil der Weiterbildung zur Notfallpflege.
Ziel von IPN ist die Implementierung einer intraprofessionellen Lehreinheit in die Ausbildung von Notfallsanitäter:innen, in die Weiterbildung von Notfallpflegenden sowie in die Studiengänge der Humanmedizin und der erweiterten Pflegepraxis (Master ANP). Der Schwerpunkt dieser Lehreinheit liegt in der Kommunikation und der intraprofessionellen Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen den genannten Berufsgruppen im Rahmen einer Notfallsituation. Dafür werden realitätsnahe Szenarien entwickelt, die mit Schauspielpatient:Innen, Notfallsanitäter: innen in der Ausbildung, Weiterbildungsteilnehmenden der Notfallpflege sowie Studierenden der Humanmedizin durchlaufen und anschließend evaluiert werden. Die entwickelten Szenarien spielen in der Realität, d. h., dass z.B. eine verletzte Person, dargestellt von einer Schauspielerin bzw. einem Schauspieler draußen aufgefunden wird und von den Notfallsanitäter:innen und einer/m Studierenden der Humanmedizin erstversorgt, mit dem Rettungswagen in die zentrale Notaufnahme einer Klink transportiert und dort von den Weiterbildungsteilnehmenden der Notfallpflege und von einer/m Studierenden der Humanmedizin weiterversorgt wird. Im Anschluss wird die Situation analysiert, evaluiert und wenn nötig werden Handlungsalternativen entwickelt.
4. Was möchtest Du selbst in den kommenden Jahren gerne lernen?
Wir leben in einer Wissensgesellschaft, in der neues Wissen mit rasanter Geschwindigkeit produziert wird. Während manche Autor:Innen von einer Verdoppelung des Wissens alle 20 Jahre sprechen, sprechen andere Autor:Innen von einer Verdoppelung des Wissens alle 5 Jahre, wieder andere sprechen von exponentiellem Wissenswachstum. Wissen ist aktuell über allgemeine Informations- und Kommunikationsmedien jederzeit und schnell verfügbar, zudem kommen rasante technologische und ökonomische Entwicklungen sowie starke soziale Veränderungen in der Gesellschaft. Ich denke, um mit diesen Entwicklungen Schritt halten zu können, müssen wir Lernen als Lebensaufgabe begreifen und offen und neugierig für alles Neue sein, auch wenn wir es als fraglich oder gar gefährlich einstufen. Die Weiterentwicklung nimmt keine Rücksicht auf persönliche Befindlichkeiten. Nur so können wir unser „erarbeitetes“ Standing im Beruf und in der Gesellschaft beibehalten und sind Vorbilder für unsere Auszubildenden, Kolleg:Innen und für andere Gesundheitsfachberufe.